
Freiburg - Zentrum für Tierversuche an Makaken-Affen
Hinter verschlossenen Türen der Universität Freiburg werden seit Jahren unter der Leitung von Prof. Eric Rouiller sehr belastende Tierversuche mit Makaken-Affen durchgeführt. Um eine halbseitige Lähmung der Affen herbeizuführen, werden den Tieren mittels einer Operation gezielt bestimmte Nervenbahnen durchtrennt. Anschliessend wird den Affen ein Wirkstoff aus der Versuchsküche von Novartis verabreicht, der das Zusammenwachsen der durchschnittenen Nervenenden fördern soll. Monatelang müssen die Tiere mit der gelähmten Hand Greiftests ausführen, bevor sie für die abschliessenden Untersuchungen getötet werden. Geben diese Versuche Anlass zur Hoffnung für gelähmte Patienten?Was sich wie der Entwurf für einen Horrorfilm liest, ist grausamer Alltag am Physiologischen Institut der Universität Freiburg (Laboratory of Neurophysiology of Action and Hearing), das von Prof. Eric Rouiller geleitet wird. Seit 1998 führt Rouiller Tierversuche an Makaken-Affen (Rhesusaffen) durch. Rouiller machte im Januar 2009 Schlagzeilen, als sogar die ihm freundlich gesinnte Tierversuchskommission Rekurs gegen seine Affenversuche einreichte, weil Rouiller die Versuchsaffen durch Wasserentzug gefügig macht. [1]
Generell könnte der Satz: «Wozu? Warum? – Du fragst vergebens» die kürzeste Antwort auf die jahrelangen erfolglosen Affenversuche sein. Doch es ist wichtig, die Hintergründe für die Affenversuche detaillierter zu betrachten: Jedes Jahr verunfallen in der Schweiz ca. 200 Menschen derart schwer, dass eine Querschnittslähmung die Folge ist. [2] Ob bei Auto- oder Sportunfällen – mit einem Schlag werden Millionen von Nervenfasern im Rückenmark durch massive Drehung, Biegung oder Stauchung völlig zerfetzt - für die Patienten ist das natürlich ein furchtbarer Schicksalsschlag. Mit der verständlichen Hoffnung dieser Menschen, einmal wieder laufen oder wenigstens die Hand bewegen zu können, hat die Tierversuchslobby das beste Alibi, um ihre Tierversuche moralisch zu rechtfertigen.
Von A wie Antikörper bis N wie Nogo
Doch was genau geschieht nun eigentlich mit den Affen in den Freiburger Tierversuchslabors? Nachdem die Affen im Bereich des siebten Halswirbels halbseitig gelähmt wurden, wird einer Gruppe Tiere ein Antikörper von Novartis, der das Wachstum der durchtrennten Nervenenden fördern soll, verabreicht. Die andere Gruppe erhält nur ein Scheinmedikament. (Dazu muss man wissen, dass bei einer Rückenmarksverletzung Eiweisskörper vermutlich das Zusammenwachsen der Nervenenden blockieren. Verantwortlich für diese verunmöglichte Heilung, vermutet die Wissenschaft, ist das Nogo-A, ein wachstumshemmendes Eiweiss. Nichts geht mehr – so der Grund für die englische Namensgebung «no go». Mit dem von Novartis produzierten Antikörper erhofft sich das Rouiller-Team, einen Erfolg bei der Überwindung dieses Prozesses erzielen zu können.)Nach der Operation müssen die Tiere monatelang versuchen, mit der gelähmten Hand kleine Futterkügelchen aus Vertiefungen herauszuholen. Danach werden die Fortschritte, welche die mit dem Antikörper behandelten Affen gemacht haben, mit den Fortschritten bei den Affen, die ohne Antikörper behandelt wurden, verglichen und ihr Gehirn sowie ihr Rückenmark nach der Tötung untersucht. Dr. Rouiller und sein Team behaupten nun, dass nur die mit dem Antikörper behandelten Affen wieder gesunden können, weil ihre durchtrennten Nervenenden mithilfe des Antikörpers, der das Nogo-A ausser Kraft setzen soll, wieder zusammenwachsen. Das wird jedoch aus den eigenen Reihen stark bezweifelt. «Voneinander unabhängige Nogo-Forschungsgruppen blockierten oder beseitigten Nogo-Rezeptoren von Versuchstieren und kamen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Ein an verschiedenen Standorten arbeitendes Team von Marc Tessier-Lavigne, einem Neurowissenschaftler am Howard Hughes Medical Institute, berichtete im wissenschaftlichen Magazin Proceedings of the National Academy of Sciences, dass bei Versuchstieren und in Zellkulturen die Beseitigung von Nogo-Rezeptoren die Nerven nicht zum Nachwachsen befähigt hätten.» [3]
Sogar Prof. Eric Rouiller selbst sah sich gezwungen, in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung die Frage aufzuwerfen, ob die Ergebnisse von Affenversuchen auf Menschen übertragbar seien. [4]

Tatort: Forschungsgebäude von Prof. Eric Rouiller an der Universität Freiburg
Das Rouiller-Team experimentiert jedoch fleissig weiter. Dabei lassen sie auch ein weiteres entscheidendes Argument völlig ausser Betracht: Die Zerstörung der Nervenbahnen durch einen Unfall ist eine völlig andere als die künstlich durch einen chirurgischen Eingriff herbeigeführte.
Was passiert bei einer Rückenmarksverletzung im Körper?
Bereits wenige Stunden nach der Zerstörung des Rückenmarks bildet sich beim Menschen eine natürliche Narbe, die sogenannte Glianarbe, die ein Zusammenwachsen der Nervenenden verhindert. Somit können die auseinandergerissenen Nervenbahnen keinerlei Impulse mehr vom Rückenmark zum Gehirn weiterleiten.In einem Interview der «SonntagsZeitung» vom 19. Dezember 2003 mit Prof. Martin Schwab von der Universität Zürich, der wie Rouiller Affenversuche durchführt, wird einschränkend bereits festgestellt, dass Affen (im Gegensatz zum Menschen) eine Art Schrittmacher haben. Als Folge der operativ erzeugten Lähmung konnten die Affen eine Hand und ein Bein nicht mehr bewegen. Das Bein erholte sich jedoch bei allen Affen spontan wieder, weil sich im unteren Teil des Rückenmarks eine Art «Schrittmacher» befindet, der die Bewegungen der Beine unabhängig vom Hirn steuern kann. Zudem haben auch die ohne Antikörper behandelten Affen die Bewegungsfähigkeit ihrer Hand wieder erreicht, nur hat ihr Körper für diesen bei Affen natürlichen Genesungsprozess länger gebraucht. Über diesen «Schrittmacher» verfügt der Mensch jedoch leider nicht.
Wie realistisch sind die Heilungschancen?
Eine australische Studie kam zu denselben sowie zusätzlich genaueren Ergebnissen als die Tierversuche. Durch die bildgebenden Verfahren (das sind Aufnahmen vom Körperinnern, vergleichbar mit Computertomografie) Voxel-Based Morphometry (VBM) und Diffusion Tensor Imaging (DTI) können Schädigungen im menschlichen Gehirn sowie im Rückenmark sichtbar gemacht werden. [5] Diese (gefahrlos!) an Menschen erzielten Ergebnisse sind eins zu eins von Mensch zu Mensch übertragbar und somit natürlich viel exakter als die Affenversuche.
Bildgebende Verfahren führen zu exakteren und schnelleren Ergebnissen als Tierversuche
Mit innovativen tierversuchsfreien Testmethoden wie Zellkulturen und Bioinformatik sowie mit nicht-invasiven (ohne schädliche Eingriffe in den Körper) Untersuchungen an Menschen hat die Wissenschaft bereits vielversprechende Forschungsmethoden entwickelt und im Kampf gegen verschiedene Krankheiten schon viele beachtliche Erfolge erzielen können. Anstatt nur mit den Hoffnungen der Patienten zu spielen, wie dies mit der Methode Tierversuch oft geschieht, wird es mit diesen innovativen tierversuchsfreien Testmethoden eines Tages auch möglich sein, effektive Heilungserfolge bei Rückenmarksverletzungen zu erzielen. Die Förderung dieser innovativen und zeitgemässen Forschungsmethoden muss daher vorangetrieben werden, damit gelähmte Patienten endlich wirklich auf Heilung hoffen können.

Das Quellenverzeichnis finden Sie unter: Quellen zu Bericht Albatros 23 - Affenversuche Freiburg