Ein qualitativer Vergleich zwischen:

- Tierversuchen

- Ersatz- und Alternativmethoden zu Tierversuchen

- Tierversuchsfreien Forschungsmethoden

Folgend stellen wir aktuelle Testmethoden dieser drei Forschungsgebiete einander gegenüber und zeigen die jeweiligen Vor- und Nachteile dieser Methoden auf.

Pharmakologie

Wie wirkt sich ein bestimmter Stoff nach einer gewissen Verabreichungsdauer auf die Leber aus?

Tierversuch

Stoffwechseltest an Ratten

Die Testsubstanz wird mehreren Ratten gleichzeitig verabreicht. Um herauszufinden, welche Wirkung die Testsubstanz zu verschiedenen Zeitpunkten auf die Leber des Tieres hat, wird jede Ratte dieser Gruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt getötet. Die Leber wird entnommen und auf Schädigungen untersucht.

Die Ergebnisse aus Tierversuchen sind überhaupt nicht auf den Menschen übertragbar. Zudem sind Leberschäden nicht allein von der Dosis und Verabreichungsdauer einer Substanz abhängig, sondern auch von den individuellen Reaktionen eines Organismus.
Hinzu kommt, dass die Leber der Ratte durch deren Tod weiter geschädigt wird und die schädigenden Effekte von Testsubstanz und Tod meist nicht mehr auseinandergehalten werden können.
Der Einsatz von Tieren im Forschungsbereich Lebertoxizität ist besonders fahrlässig.26

Dieser Test ist weder zweckmässig noch produktiv. Er kostet sehr vielen Ratten das Leben und gefährdet durch seine Unzuverlässigkeit unnötig Menschenleben.

Ersatz- und Alternativmethode

Schweineleberzellkultur im Bioreaktor

Da sich mit Hilfe eines Bioreaktors der Zellverbund einer Leber nachstellen lässt, kann er als dreidimensionales Leberkulturmodell dienen. Der Bioreaktor besteht aus mehreren voneinander unabhängigen Hohlfasermembransystemen. Hohlfasermembransysteme sind hohle Fasern, deren Wände teildurchlässig sind und wie Membranen im lebendigen Organismus einen Stoffaustausch zwischen abgegrenzten Systemen ermöglichen. Eines dieser Systeme wird mit den Endothelzellen (Lymph- und Blutgefässwandzellen mit wichtigen Eigenschaften als Regulatoren und Produzenten diverser Stoffe) einer Schweineleber gefüllt. Die restlichen Systeme sind je für die Zell-Nährstoff-, die Zell-Sauerstoffversorgung und für den Abtransport von Abfallprodukten verantwortlich. Zwischen diesen Hohlfasermembransystemen werden Schweineleberzellen angesiedelt. Dank der Membraneigenschaft der einzelnen Hohlfasermembransysteme sind alle Systeme miteinander verwoben, und die Leberzellen wachsen dreidimensional zwischen den verschiedenen Systemen.
Um zu untersuchen, wie eine Testsubstanz auf die Schweineleber wirkt, wird diese dem System beigegeben und zu verschiedenen Zeitpunkten mengenbestimmt. Durch das Messen des Sauerstoffverbrauchs, des Zuckerstoffwechsels und der Menge bestimmter Enzyme lässt sich ausserdem die Giftigkeit des Stoffes messen.27

Diese In-vitro-Methode erspart vielen Ratten grosses Leid und ist aussagekräftiger, günstiger und schneller als der Tierversuch. Wegen des Einsatzes tierischer Zellen sind jedoch auch die Ergebnisse dieser Methode nicht auf den Menschen übertragbar.

Tierversuchsfreie Methode

HepaTox

HepaTox ist ein miniaturisierter 3D-Bioreaktor, der nach dem gleichen Grundprinzip wie der «Schweineleberzellkultur-Bioreaktor» ein dreidimensionales Leberkulturmodell darstellt. Allerdings wird bei HepaTox humanes Biomaterial verwendet, womit der Zellverbund in der menschlichen Leber sehr realistisch nachgestellt wird. Dank des Einsatzes verschiedener Leberzellen von unterschiedlichsten Patienten lässt sich auf das grosse Problem der individuellen Leber-Unverträglichkeiten eingehen.

+ HepaTox liefert zielgerichtete, aussagekräftige und genaue Ergebnisse, die auf den Menschen übertragbar sind.

+ Diese In-vitro-Methode ist weit wissenschaftlicher als der Tierversuch, da reproduzierbare Ergebnisse unter kontrollierbaren Bedingungen zustande kommen. Verschiedene Parameter, wie Druck, Temperatur, Fluss und Sauerstoff-Partialdruck, werden ständig kontrolliert. Mit dem Bioreaktor können die Verhältnisse des menschlichen Organismus  nachgeahmt werden.

+ Da Sauerstoffverbrauch, Zuckerstoffwechsel und Enzymmengen genauestens gemessen werden können, sind die Ergebnisse dieser Methode sehr aufschlussreich.

+ Im Gegensatz zum Tierversuch bedeutet HepaTox eine günstigere, schnellere und, aufgrund ihrer Aussagekraft, eine zuverlässigere Forschung.28

Bioreaktor - Wie wirkt sich ein bestimmter Stoff nach einer gewissen Verabreichungsdauer auf die Leber aus? (Pharmakologie)

Qualitätskontrolle

Ist ein Impfstoff durch Pyrogene (entzündlich wirkender Stoff, der Fieber auslösen kann) verunreinigt?

Tierversuch

Pyrogentest

Um herauszufinden, ob der zu testende Stoff durch Pyrogene verunreinigt ist, wird dieser mehreren Kaninchen injiziert. Die Kaninchen werden für mehrere Stunden in einer kleinen Box fixiert, wo ihre Körpertemperatur ununterbrochen rektal mittels Thermometer gemessen wird.
Steigt die Körpertemperatur eines Kaninchens während des Tests an, schliesst der Forscher daraus, dass die Testsubstanz verunreinigt ist. Umgekehrt gilt eine Testsubstanz als nicht pyrogen, wenn die Körpertemperatur des Kaninchens nicht ansteigt.29

Der Kaninchen-Pyrogentest bedeutet keine Sicherheit für den Menschen – bloss weil ein Kaninchen kein Fieber bekommt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Stoff pyrogenfrei ist.30

Für diesen Test müssen viele Kaninchen ihr Leben lassen. Der Kaninchen-Pyrogentest ist viel zu zeitaufwendig.

Ersatz- und Alternativmethode

Limulus-Amböbozyten-Lysat-Test (LAL-Test)

Für diesen Test wird Pfeilschwanzkrebsen Blut abgenommen. Die Testsubstanz wird zu einer Lösung aus den blutkörperchenähnlichen Zellen des Pfeilschwanzkrebsblutes gegeben. Falls die Testsubstanz durch Pyrogene verunreinigt ist, verklumpen die Zellen in der Lösung.29

Obwohl der LAL-Test weniger Tierleid und aussagekräftigere Ergebnisse bedeutet, sind die Ergebnisse wegen des Einsatzes tierischen Blutes nicht auf den Menschen übertragbar.

Tierversuchsfreie Methode

PyroDetect

Bei dieser Methode wird menschliches Blut aus Blutspenden verwendet. Die Testsubstanz wird zum Blut dazugegeben und auf menschlicher Körpernormaltemperatur gehalten. Ist die Testsubstanz durch Pyrogene verunreinigt, bilden sich – wie dies durch das Immunsystem auch im menschlichen Körper der Fall wäre – Antikörper und Botenstoffe, welche ganz eindeutig nachgewiesen werden können.31,32

+ Dank dem Einsatz von menschlichem Blut sind die  PyroDetect-Ergebnisse für den Menschen sehr aussagekräftig.

+ PyroDetect ist viel empfindlicher als der Kaninchen-Pyrogentest und kann eine grössere Bandbreite an Pyrogenen aufdecken.

+ Diese Methode ist um einiges schneller, kostengünstiger und weitaus zuverlässiger als die anderen beiden.33

Menschliches Blut aus Blutspenden - Ist ein Impfstoff durch Pyrogene (entzündlich wirkender Stoff, der Fieber auslösen kann) verunreinigt? (Qualitätskontrolle)

Schmerzforschung

Wie wirkt ein neues potentielles Schmerzmittel auf die Schmerzwahrnehmung?

Tierversuch

Schmerzforschung an lebenden Tieren

Um die Wirkung eines neuen Schmerzmittels zu erforschen, wird einer Ratte ein Katheter ins Rückenmark gelegt und ihr auf diesem Weg das zu testende Mittel verabreicht.
Anschliessend wird ein heisser Lichtstrahl auf den Schwanz gerichtet und beobachtet, wie heftig die Ratte auf den Schmerz reagiert. Als Indikator für die Wirksamkeit des Testmittels gilt dabei die Zeit – je länger es dauert, bis die Ratte ihren Schwanz aus dem Lichtstrahl zieht, um so besser schneidet das Schmerzmittel im Versuch ab.34

Dieser Versuch ist äusserst unwissenschaftlich

Abgesehen davon, dass Schmerzempfinden sehr subjektiv und von Individuum zu Individuum verschieden ist, ist es mehr als fahrlässig, die Reaktionszeit einer Ratte als Indikator für die Schmerzmittelbeurteilung zu nutzen.
Da der Test extremen Stress für die Ratte bedeutet, sind ihr Verhalten und ihr Reaktionsvermögen schwer einzuschätzen.

Bei dieser Art der Forschung wird die Tatsache, dass die  Wirkung eines Schmerzmittels von der Verabreichungsform abhängt, völlig ignoriert. Es ist ein Unterschied, ob ein Schmerzmittel über das Rückenmark aufgenommen oder, wie in der Humanmedizin üblich, als Tablette eingenommen wird.

Diese Methode ist reine Zeit- und Geldverschwendung.

Ersatz- und Alternativmethode

Kultivierte Spinalganglien

Aus dem Rückenmark von Rattenembryos werden Nervenzellen gewonnen. Die Nervenzellen werden kultiviert und bilden dabei ein Netz aus Nervenzellen mit funktionierenden Synapsen (Kontakt- und Umschaltstelle für die Erregungsübertragung zwischen den Nervenzellen). Die Zellkulturen werden mit Neurokinen (Botenstoffe, die Informationen über die Synapse von einer Nervenzelle zur anderen weitergeben) behandelt. Die  Übertragung dieser Botenstoffe kann nun genaustens nachvollzogen werden, da sich die elektrische Signalübertragung von Sender- zu Empfängernervenzellen feststellen und studieren lässt.
Da Schmerzmittel den Zweck haben, diese Erregungsleitung zu erschweren, können sie durch Überprüfung des elektrischen Signals in der Empfängerzelle bewertet werden.

Anders als im Tierversuch können in vitro verschiedene Zelltypen getrennt voneinander untersucht und so Schmerzentstehung und -weiterleitung genau studiert werden. Der Einsatz tierischer Nervenzellen verhindert jedoch, dass die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind.35

Tierversuchsfreie Methode

Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT)

Um ein neues Schmerzmittel auf seine Wirkung zu untersuchen, wird dieses dem Schmerzpatienten verabreicht, und mittels fMRT werden Aufnahmen seines Gehirnes gemacht. Schmerz bedeutet eine erhöhte Aktivität der schmerzverarbeitenden Hirnregionen und kann dank der Bildgebung genau beobachtet werden. Die Wirksamkeit des Schmerzmittels lässt sich danach bewerten, wie schnell die erhöhte Aktivität der schmerzverarbeitenden Hirnregionen auf normalem Niveau ist. Stoffverhalten und Stoffwechselvorgänge lassen sich bei Bedarf durch weitere tomographische Verfahren, wie Positronen-Emissionstomographie oder funktionelle Magnetresonanzspektroskopie, untersuchen.

+ Dank moderner Bildgebung ist es möglich, direkt auf individuelle Schmerzmechanismen beim Menschen einzugehen.

+ Nicht bloss akuter, sondern auch chronischer Schmerz kann untersucht werden.

+ Da das Gehirn schmerzhafte Reize auch unter Betäubung registriert, können auch Schmerzmechanismen unter Narkose studiert werden.36

+ Die Tomographie liefert sehr schnell aussagekräftige Ergebnisse.

+ Da die meisten Kliniken über Tomographen verfügen, müssen diese für die Forschung nicht extra angeschafft werden.

CT-Bild eines menschlichen Hirnes - Wie wirkt ein neues potentielles Schmerzmittel auf die Schmerzwahrnehmung? (Schmerzforschung)

Magen-Darm-Forschung

Welche Auswirkungen haben Medikamente auf den Magen-Darm-Trakt?

Tierversuch

Untersuchung am Schwein

Um die Auswirkung bestimmter Stoffe auf den Magen-Darm-Trakt zu untersuchen, werden Schweinen künstliche Öffnungen in den Darm gelegt. Diese dienen den Forschern als Darmzugänge, durch welche während der laufenden Untersuchung von aussen durch die Körperwand hindurch Proben aus dem Darm genommen werden. Je nach Fragestellung wird der Magen-Darm-Trakt des Schweins vor der Untersuchung chirurgisch manipuliert, zum Beispiel indem ihnen die Gallenblase abgebunden wird.37

Der Magen-Darm-Trakt von Schweinen und Menschen unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung lassen sich nicht auf den Menschen übertragen. Dazu kommt, dass Magen-Darm-Trakt-Manipulationen unnatürliche Bedingungen schaffen und keinesfalls die Gegebenheiten menschentypischer Krankheiten simulieren

Die Untersuchung am Schwein ist sehr belastend, langwierig und aufwendig.

Ersatz- und Alternativmethode

Verdauungsorgane

Beim Darmsimulator Colon-Simulationstechnik («Cositec») handelt es sich um eine Anlage, die aus mehreren Inkubationsgefässen besteht. Diese sogenannten Inkubationsgefässe sorgen dafür, dass die Stoffwechselprozesse zu kontrollierten Bedingungen, wie zum Beispiel ein darmcharakteristisches Mikroklima und darmtypische Temperatur, ablaufen können. Um zu untersuchen, wie sich bestimmte Stoffe auf den Darm auswirken, wird die Testsubstanz zusammen mit tierischem Darminhalt in die Gefässe gefüllt. Auf diese Weise werden die Stoffwechselprozesse im Darm nachgeahmt. Um die Verdauung und Resorption im Magen zu simulieren, wird unter anderem BioOK, ein Magensimulator, bei dem ebenfalls Schweinedarm zum Einsatz kommt, verwendet.38, 39

Zwar führt der Simulator zu aussagekräftigeren Ergebnissen als der Tierversuch, allerdings sind diese wegen der Verwendung von tierischem Material nicht auf den Menschen übertragbar.

Tierversuchsfreie Methode

Gastrointestinal Models (TIM)

Das dynamische computergesteuerte In-vitro-Verdauungsmodell (TIM) macht es möglich, dass die menschliche Verdauung unter verschiedensten realitätsgetreuen Bedingungen untersucht werden kann.
Das Verdauungsmodell besteht aus Modell TIM-1, welches Magen und Dünndarm mit all dessen Abschnitten (Zwölffinger-, Leer- und Krummdarm) darstellt, und Modell TIM-2, welches den Dickdarm simuliert.
Die Hauptbestandteile von TIM-1 sind vier miteinander verbundene Reaktionsräume, welche Magen, Zwölffinger-, Leer- und Krummdarm simulieren. Das Herzstück von TIM-2 ist das Reaktionsgefäss, welches den Dickdarm darstellt.
Die Testsubstanz wird zusammen mit Speichelersatz dem Gefäss, das den Magen simuliert, beigegeben. Entsprechend der menschlichen Verdauung passiert die Testsubstanz nach dem Magengefäss die verschiedenen Darmgefässe. Dabei wird die menschliche Verdauung im Magen-Darm-Trakt, unter Berücksichtigung individueller Bedingungen wie Perestaltik, Enzymvorkommen, Verdauungssaftsekretion und Magen-Darm-Füllung, simuliert. Unverdauliches wird von TIM-2 ausgeschieden.
Die Auswirkungen der Testsubstanz können in allen Verdauungsstadien untersucht werden. Abbauprodukte und Wechselwirkungen lassen sich durch beliebige Probenentnahmen aus den Gefässen oder Analyse der unverdaulichen Ausscheidungen untersuchen.40

+ Je nach Auswahl der Parameter (Einsatz von gesunder oder kranker menschlicher Darmflora, Dosierung von Magen- und Pankreassaft, Galle, Speichelflüssigkeit und Enzymen) kann die Verdauung eines Menschen mit individuellem Bedürfnis (Alter, Krankheit) simuliert werden.
 
+ Dank TIM kann unter realistischen Bedingungen (besondere körperliche Bedingungen, bestimmte Krankheiten) die Wirkung von Substanzen, Nahrungsbestandteilen oder ganzen Menüs auf den menschlichen Magen-Darm-Trakt untersucht werden. Dabei können realistisches individuelles Essverhalten und verschiedene Magen-Darm-Füllungszustände simuliert werden.

+ Dieses Modell liefert aussagekräftige und genaue Ergebnisse. Die Verfügbarkeit und die Auswirkungen eines Stoffes können genau verfolgt und bestimmt werden.41

+ TIM ermöglicht eine zielgerichtete, schnelle und, einmal etabliert, auch kostengünstige Forschung.

TIM-1 - Welche Auswirkungen haben Medikamente auf den Magen-Darm-Trakt? (Magen-Darm-Forschung)

Krebsforschung

Wie verhalten sich Krebszellen hinsichtlich ihrer Ausbreitung?

Tierversuch

Krebsmodell Maus

Um das Verhalten von menschlichen Krebszellen studieren zu können, werden Mäusen menschliche Tumorzellen implantiert. Da ein gesunder Organismus die fremden Zellen abstossen würde, werden genmanipulierte Mäuse eingesetzt. Als Krebsmodell eignen sich vor allem Mäuse mit angezüchteter Immunschwäche, da diese die fremden Zellen nicht abstossen, sondern riesige Tumore entwickeln.
Nun werden das Verhalten der Tumore und die Metastasenbildung beobachtet. Die Maus wird getötet und die Tumorzellen untersucht.42

Das Mäuse-Krebsmodell liefert realitätsfremde Ergebnisse. Die Krankheitsentstehung durch «Krebsinjektion» entspricht in keiner Weise den Vorgängen, wie sie beim Menschen vorkommen. Der Einsatz genmanipulierter Tiere relativiert die Ergebnisse zusätzlich.

Dieser Versuch kostet unzählige Leben. Für die Herstellung transgener Tiere wird sehr viel Geld und Zeit verschwendet. Das Experiment an sich – in diesem Fall die «Krebszucht» – ist nochmals sehr zeitintensiv.

Ersatz- und Alternativmethode

Krebsmodell Zebrafisch

Als Krebsmodell dient hier der genmanipulierte Zebrafisch. Durch gezielte Züchtung kann dieser keine Pigmente bilden, wodurch sämtliche Organe durch seine transparente Haut hindurch einsehbar sind.
Um das Verhalten menschlicher Krebszellen im Zebrafisch studieren zu können, werden diese mittels Injektion eingebracht. Die Krebszellen können von aussen durch die Haut beobachtet werden. Schlussendlich wird das Tier getötet, die Zellen entnommen und untersucht.43, 44

Obwohl es sich bei dieser Alternative ganz klar um einen belastenden Tierversuch handelt, entspricht der Wechsel von Maus zu Fisch in diesem Fall dem 3R-Prinzip.45, 46

Wie das Mäuse-Krebsmodell liefert auch das Zebrafisch-Krebsmodell keine auf den Menschen übertragbaren Ergebnisse.

Tierversuchsfreie Methoden

Zellmodellierung auf Biochips

Diese Technik ermöglicht der Forschung, die noch unbekannten molekularen Mechanismen der Kommunikation zwischen Tumor- und gesunden Zellen zu untersuchen. Die Mechanismen der Metastasierung lassen sich mit Hilfe dieses Zellkommunikations-Modells lebensecht erforschen. Um die Zellkommunikation zwischen Krebszellen und Zellen prämetastatischer Nischen erforschen zu können, werden menschliche Zellen auf speziellen Zellträgern, sogenannten Biochips, in Bioreaktoren kultiviert. Prämetastatische Nischen sind die Stellen im Körper von Krebspatienten, die sich sozusagen im Stadium vor der Bildung von Metastasen befinden. Tumorzellen sorgen mit Botenstoffen dafür, dass sich eigentlich noch gesundes Gewebe so verändert, dass sich Krebszellen später an diesem bestimmten Ort ansiedeln können, um Metastasen zu bilden.
Die Interaktionen zwischen Krebs- und gesunden Zellen und die Entstehung von Metastasen können dank dieser Methode unter den Bedingungen, wie sie auch beim menschlichen Krebspatienten gegeben sind, erforscht werden.47, 48

+ Dank der Zellmodellierung auf Biochips kann die Entstehung von Metastasen unter menschentypischen Bedingungen erforscht werden.

+ Diese Technik liefert aussagekräftige, genaue und reproduzierbare Ergebnisse.

+ Diese Methode ist kosten- und zeitsparender als Tier-Krebsmodelle.

Zellkultur auf einem Biochip (Modell) - Wie verhalten sich Krebszellen hinsichtlich ihrer Ausbreitung? (Krebsforschung)

Parkinson-Forschung

Wie lässt sich die Parkinson-Krankheit behandeln?

Tierversuch

Forschung an Primaten

Die Parkinson-Forschung mittels Tierversuch betreibt ihre Forschung an Tieren, indem sie durch die Injektion von Nervengift die Symptome der Parkinson-Krankheit simuliert.
Dazu wird Affen MPTP, ein Nervengift, welches bei der fehlerhaften Herstellung von synthetischem Heroin entsteht, injiziert.49 MPTP zerstört die Zellen, die für die Herstellung des Neurotransmitters Dopamin zuständig sind. Als Folge zeigen die Tiere den Parkinson-typischen Dopaminmangel mit den Symptomen wie Bewegungsprobleme, übermässiger Speichelfluss und erhöhte Muskelaktivität. Anschliessend werden den Affen Elektroden in die primäre motorische Hirnrinde implantiert oder/und Substanzen injiziert und deren Auswirkungen auf die Parkinson-ähnlichen Symptome beobachtet. Abschliessend wird das Gehirn entnommen und untersucht.50

Beim Tierversuch werden die Krankheitsmechanismen selbst ausser acht gelassen. Die Untersuchung simulierter Parkinson-ähnlicher Symptome bei Affen liefert keine aussagekräftigen, auf den Menschen übertragbaren Ergebnisse.

Primatenexperimente sind sehr teuer und langwierig.

Ersatz- und Alternativmethode

Gold-Nanopartikel-Zellmarkierung in Tieren

Auch bei dieser Methode müssen zuerst die Symptome der Parkinson-Krankheit durch die Injektion von Nervengift simuliert werden. Anschliessend werden Zellen des im Versuch verwendeten Tieres mit Gold-Nanopartikeln versehen. Die Gold-Nanopartikel dienen als Zellmarkierung und sorgen dafür, dass das Verhalten der markierten Zellen langfristig mittels Röntgenbildverfahren beobachtet werden kann.
Diese Methode ermöglicht es den Forschern, den Einfluss verschiedener Behandlungsstrategien auf die Zellen eines Tiers mit Parkinson-ähnlichen Symptomen zu studieren.

Um das Zellverhalten verfolgen zu können, werden die Tiere üblicherweise zu verschiedenen Zeitpunkten getötet. Durch die Nanopartikel-Zellmarkierung kann das Geschehen von aussen her beobachtet werden, weshalb bei dieser Methode vergleichsweise weniger Tiere getötet werden. Jedoch liefert auch diese Methode keine übertragbaren, menschenbezogenen Erkenntnisse.51


Tierversuchsfreie Methoden

Humane Nervenzellkultur

Dank dieser Methode lässt sich genau der Typ menschlicher Hirnzellen studieren, der bei der Parkinson-Krankheit degeneriert und verantwortlich für die Parkinsonsymptome ist.
Diese speziellen Nervenzellen lassen sich aus Hautzellen von Parkinson-Patienten, die an einer Mutation des Parkin-Gens  leiden, anzüchten.
Anhand der Zellkulturen lässt sich nun unter anderem erforschen, wie die für die Parkinson-Krankheit typische Dopamin-Funktionsstörung zustande kommt und wie dem entgegengewirkt werden kann.

+ Die Forschung an humaner Zellkultur liefert aussagekräftige, realitätsbezogene Ergebnisse.

+ Die jetzt verfügbaren Parkinson-Neuronen erleichtern die Suche nach neuen Medikamenten und die Entwicklung neuer Behandlungsmethoden, die für die diversen Formen der Parkinson-Krankheit einsetzbar sein könnten. Die weitere Erforschung des Parkin-Gens ist ebenfalls vielversprechend.52, 53

+ Diese Methode ist nicht nur sinnvoller, sondern auch schneller und günstiger als Versuche an Tieren.

Nahaufnahme einer Nervenzelle - Wie lässt sich die Parkinson-Krankheit behandeln? (Parkinson-Forschung)

 

Den kompletten Artikel (erschienen im Albatros Nr. 36 - September 2012) können Sie hier downloaden:
Die Medizin der Zukunft - Die Möglichkeiten der tierversuchsfreien Forschung
Quellenangaben - Forschung der Zukunft